Lehtolainen, Leena by Du dachtest du hättest vergessen

Lehtolainen, Leena by Du dachtest du hättest vergessen

Autor:Du dachtest, du hättest vergessen [Du dachtest, du hättest vergessen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-03-29T11:35:12+00:00


VIERZEHN

Veikko

… zehn Stunden am Tag Holz hacken konnte. Inzwischen musste ich schon nach einer Stunde eine Pause einlegen.

Meine Lektorin hatte behauptet, das neue Buch sei mein bestes, sie hatte sogar versprochen, der Verlag werde Werbung dafür machen. Die Korrekturen, die sie verlangte, hatte ich innerhalb von drei Wochen ausgeführt. Sie schlug vor, den Roman ausnahmsweise schon im Frühjahr zu veröffentlichen, weil er dann mehr Aufmerksamkeit wecken würde als in der herbstlichen Flut der Neuerscheinungen. Ich ärgerte mich darüber, denn ich hatte gehofft, im Frühjahr meine Ruhe zu haben. Zum Glück fand die Marketingabteilung die Idee miserabel, weil sich im Frühjahr nur Sprüchesammlungen für die frischgebackenen Abiturienten und Muttertagsschmöker verkauften. Wir einigten uns schließlich auf den August.

Saras Dokumentarfilm bescherte mir eine Übellaunigkeit, die nicht weichen wollte. Um mich aufzumuntern, betrachtete ich die Landschaft, die sich vor meinem Fenster ausbreitete. Krähen über dem Feld. Verdammter van Gogh, dessen Bilder man nicht mögen durfte, weil das als banal galt. Trotzdem zogen mich seine irrwitzigen Farben und schizophrenen Pinselstriche immer wieder an. Als Student hatte ich zweimal Interrail-Urlaub gemacht und war bei der zweiten Reise wieder über Amsterdam gefahren, nur um mir die Bilder von Neuem anzusehen. Meinen Freunden hatte ich gesagt, ich führe wegen der Nuttenviertel hin. Ich hatte stundenlang vor »Krähen über dem Feld« und den anderen Gemälden gestanden und mich geschämt, weil mir die Tränen kamen. Das ist sonst nicht meine Art.

Ich kann nur beim Schreiben lügen, Sara dagegen hat in ihrer selbstgeschriebenen Rolle einen glänzenden Auftritt vor der Kamera hingelegt. Wahrscheinlich glaubt sie alles, was sie sagt.

Sie hat nicht die Geduld, einen Roman zu schreiben, denn sie springt von einem Projekt zum anderen, fängt ein neues an, bevor das alte auch nur halb fertig ist, lässt Gedichte aus sich herauspurzeln und malt am laufenden Meter, wenn ihr danach ist. Sie spricht von Schaffenszwang. Wenn ich das Wort höre, entsichere ich jedes Mal meine geistige Pistole, mit der ich nicht zu schießen wage. Ich schweige und schreibe meine wütenden Gedanken auf, um später auf sie zurückzukommen.

Sara verwendet viele Wörter, gegen die ich allergisch bin.

Klischees. Mutters Art zu reden, habe ich immer zu ertragen versucht, sie konnte nichts für ihre Sprache. Und in meinem dritten Roman habe ich einer Nebenfigur Vaters Sprechweise gegeben. Allerdings wurde nur eine verwässerte Kopie daraus, was nicht nur daran lag, dass man in einem gedruckten Text nicht so viele Flüche unterbringen kann, sondern vor allem daran, dass die Schrift weder Vaters breite Diphthonge wieder-geben kann noch den Geruch, der seinem Mund entströmte.

Es gibt Tage, an denen ich mit keinem Menschen ein Wort wechsle. Das sind klare, schöne Tage. Manchmal spreche ich wochenlang nur am Telefon Finnisch. Dann schalte ich das Radio ein und erwische versehentlich einen Werbesender, wo irgendeine junge Unperson schnattert und verzweifelt zu verbergen versucht, dass sie aus der Provinz stammt. Diese Amöben genieren sich für ihre Eltern, die Ende der sechziger Jahre aus Hintertupfingen in die Hauptstadtregion gezogen sind.

Man bewundert den Urgroßvater, der in Summa oder Ihantala gegen die Russen gekämpft hat, aber selbst



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